Frauen in der Bibel: Unterdrückt oder Unterschätzt?

Oft wird gelehrt, dass zur Zeit der biblischen Patriarchen eine von Männern dominierte Gesellschaft herrschte. Dieses Bild ist uns vertraut – geprägt durch das Spätmittelalter und die patriarchalen Strukturen der frühen Neuzeit. Die Kirche trug stark dazu bei, eine männerdominierte Gesellschaft zu etablieren. Dabei ist vielen nicht bewusst: Selbst im Mittelalter hatten Frauen in manchen Regionen mehr Rechte als später.

Zur Zeit der Stammväter waren Frauen geachtet. Ihre Rollen waren anders als die der Männer, aber keineswegs geringer. Frauen wie Mirjam, die Schwester von Mose, oder Deborah, die Prophetin und Richterin, nahmen zentrale Führungsrollen ein. Selbst die Tochter des Pharaos spielt in der biblischen Geschichte eine bedeutende Rolle.

Wäre die Frau wirklich minderwertig gewesen, wie es später oft dargestellt wurde, dann hätte Sarah ihrem Mann Abraham nicht widersprochen – und Thamar hätte sich nie gegen Juda gestellt. Wir müssen drei Dinge beachten, wenn wir über Frauen in der Bibel sprechen:

  • Im Zentrum steht immer die Lehre Gottes für sein Volk.
  • Die Lebensweise anderer Völker ist kein Maßstab für Gottes Ordnung.
  • Wir müssen die Bibel sprechen lassen – ohne unsere kulturellen Vorurteile.

Das Neue Testament fordert ausdrücklich den respektvollen Umgang der Männer mit ihren Frauen:

„Ihr Männer, liebet eure Weiber. Gleich wie Christus geliebt hat die Gemeinde, und hat sich selbst für sie gegeben.“ (Epheser 5:25)
„Wer sein Weib liebt, der liebt sich selbst.“ (Epheser 5:28)
„Ihr Männer, liebet eure Weiber, und seid nicht bitter gegen sie.“ (Kolosser 3:19)

Diese Ermahnungen tauchen nicht zufällig erst im Neuen Testament auf. Sie wurden nötig, als Menschen aus heidnischen Kulturen zur Gemeinde dazukamen – Menschen, deren Frauenbild oft von Götzendienst und Unterdrückung geprägt war. Innerhalb Israels selbst hatte die Frau eine natürliche und respektierte Stellung. Deshalb finden sich so viele selbstbewusste Frauen im Alten Testament – auch im Stammbaum Jesu: Thamar, Rahab, Ruth, Bathseba – allesamt Frauen mit bemerkenswerten Geschichten, die dennoch in der Linie des Messias stehen.

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🙋‍♀️ Dürfen Frauen lehren?

Ein häufiges Argument lautet: „Frauen dürfen in der Gemeinde nicht lehren und sollen schweigen.“ Diese Vorstellung basiert auf bestimmten Versen, besonders bei Paulus – wird jedoch oft aus dem Zusammenhang gerissen. Die Bibel enthält keine pauschale Anweisung zum Schweigen aller Frauen. Wenn eine einzige Frau in der Bibel lehrt, fällt diese Auslegung in sich zusammen. Und es gibt viele Beispiele:

  • Mirjam leitete den Lobgesang nach dem Durchzug durchs Rote Meer.
  • Deborah war Richterin – das höchste Amt im Volk Israel.
  • Sarahs Wort wurde durch Gott selbst bestätigt, als sie Abraham aufforderte, Hagar und Ismael wegzuschicken.
  • Maria Magdalena war die erste Zeugin der Auferstehung und wurde zur Verkünderin des Evangeliums an die Apostel.
  • Priscilla unterrichtete Apollos in der Lehre Christi.
  • Phoebe war Diakonin und überbrachte vermutlich den Römerbrief.
  • Junia wurde als „ausgezeichnet unter den Aposteln“ bezeichnet.
  • Kyria,die Adressatin von 2. Johannes, wird von vielen als Gemeindeleiterin verstanden.

Paulus richtet sein „Schweigegebot“ an eine konkrete, problematische Gemeinde – Korinth – und bezieht sich wohl auf verheiratete Frauen in chaotischen Versammlungen. Zudem zeigen ältere Handschriften, dass bestimmte Abschnitte später hinzugefügt wurden. Das eigentliche Problem ist nicht die Bibel, sondern die voreingenommenen Interpretationen im Laufe der Geschichte.

Was bleibt, ist der Gesamtkontext der Schrift – und der zeigt: Frauen hatten von Anfang an eine wichtige Stimme im Glaubensleben. Das Schweigegebot ist kein universelles Prinzip, sondern eine situationsbedingte Maßnahme.


👑 Frauen als Führerinnen und Unterstützerinnen

Schon im Alten Testament sehen wir bedeutende Frauen wie:

  • Sarah,, Rebekka,, Rachelund Lea – Mütter der zwölf Stämme.
  • Huldah,die dem König das Wort Gottes erklärte.
  • Abigail,die mit Weisheit zwischen David und Nabal vermittelte.
  • Esther,die mit Mut ihr Volk rettete.
  • Lydia,die Gastgeberin einer Hausgemeinde in Philippi.
  • Maria, Mutter Jesu,die mit theologischer Tiefe sprach.
  • Joanna und Susanna,die Jesus mit ihren Mitteln unterstützten.

Diese Frauen lehrten, leiteten, führten Gemeinden und einige wurden sogar Apostelinnen genannt. Das Problem liegt nicht in der Heiligen Schrift, sondern in der Tradition der Kirche, die die Stimmen der Frauen jahrhundertelang zum Schweigen gebracht hat. Wenn wir die Bibel vollständig lesen, wird klar: Frauen wurden nicht von Gott zum Schweigen gebracht, sondern von ihm gestärkt.


📜 Fazit

Die Bibel zeigt kein unterdrückendes, sondern ein respektvolles und ehrendes Bild der Frau. Die kirchliche Tradition hingegen hat durch jahrhundertelange Männerherrschaft viele Wahrheiten verdreht. Es ist Zeit, die Schrift selbst sprechen zu lassen – nicht nur über Männer, sondern auch über die vielen Frauen, die das Volk Gottes mitgeprägt haben.

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